Standpunkt 13.05.2011

Von: „Andreas Krödel“
An: ; „DFV“ ; „Dr.Dr. J. Bretschneider“ ; ; ; ; Betreff: Re: [Freidenker-ML] An Andreas Rückantawort an alle
Datum: Freitag, 13. Mai 2011 16:05

Hallo Mark,
hallo Mitleser, lieber Rainer, lieber Axel

um nicht drei Mal alles Gleiche zu schreiben:

danke für den Literaturhinweis, aber 1977 ist mir zu lange vorbei. Da bleibe ich lieber bei meinen eigenen Arbeiten, die ich hier und im “Lexikon des freien Denkens” veröffentlicht habe, wir müssen doch nicht immer wieder Bücher und Texte schreiben, die vom Inhalt her schon viel zu oft geschrieben/ beschrieben sind. Wir müssen gemeinsam lesen, was richtig oder falsch ist, auswerten und nicht immer wieder neue Texte hinstellen als das “Non plus Ultra”.
„Wir müssen endlich aufhören Bücher zu schreiben über das, was wer und wann in der Vergangenheit wie gemeint und definiert haben könnte; wir müssen aus der Vergangenheit lernen um in der Gegenwart an der Philosophie für die Zukunft zu arbeiten.“
G.G.M”

Hier mein Text ohne Anspruch auf “absolute Wahrheit” oder dem Versuch des“Auf Diktierens”, sondern als freundliche Einladung zur Diskussion:

“Entfremdung, die – [philosophischer Begriff, welcher in der Gegenwart als Sammelbezeichnung für den gesamtgesellschaftlichen Verfall benutzt wird].

Unter E. versteht man alle Formen des Nichtübereinstimmens der Lebensbilder mit dem Idealzustand menschlicher Freiheit. E. entstand nicht mit dem Menschen, sondern erst mit der Arbeitsteilung und der Möglichkeit, sich durch Besitz und Reichtum andere menschliche Arbeit anzueignen, ohne dafür selbst ein gleiches Quantum an Arbeit aufbringen zu müssen. Neid und Hass sind erste Anzeichen der E., Religionen, also das Suchen von Erklärungen außerhalb der Wissenschaften, hier durch Götter, sind Formen ideologischer E.; das Grundproblem liegt aber in der Ausbeutung des Menschen durch Menschen, der ökonomischen E.. Wir haben uns aus dem Stadium der Freiheit in die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen begeben. Jeder Mensch möchte nach seinem Charakter ein kleiner Ausbeuter sein, Recht für sich aushebeln, Macht ausüben gegenüber den Schwächeren. Diese Brutalität ist ein Gegensatz zu meinem Menschenbild; sie stellt auch den grundlegenden Wesenszug der E. dar, eine Gesellschaft, wo sich die Entmenschlichung mit Zunahme der Geldumfänge potenziert.

Durch ein Mediensystem methodisch von der Realität abgelenkt und durch Scheinfülle überfordert ist der Mensch der Gegenwart in Massen zum Meinungsnehmer herabdirigiert worden, sodaß die Menschen all die Formen der E. dulden!

Darauf bauen sich die E.- potentiale in allen Bereichen auf, ob in Kultur oder Ethik, bei Menschenrechten oder Menschenwürde oder in der Bildung. Als Beispiel eines entfremdeten Daseins sei das gegenwärtige Gesundheitswesen genannt, wo Ärzte nicht nach ihrem hippokratischen Eid handeln dürfen, Patienten nach maximalen Möglichkeiten des eigenen Wissens und dem neuesten Stande der Wissenschaften zu behandeln, wirklich zu heilen; sondern ihre Diagnose und Behandlung von finanziellen Faktoren abhängig gemacht wird..

Erich Fromm sieht in der E. den Hauptkonflikt der Menschen an sich, wenn er schreibt:

„Der Mensch sieht sich mit dem erschreckenden Konflikt konfrontiert, ein Gefangener der Natur und trotzdem in Bezug auf seine Gedanken frei zu sein, Teil der Natur und trotzdem sozusagen eine Laune der Natur zu sein, weder hier noch da zu stehen. Dieses Bewusstsein seiner selbst hat den Menschen zu einem Fremdling in der Welt gemacht, von allen abgesondert, einsam und angsterfüllt.“1(Hervorhebung von mir). Im Menschen, aber nicht in der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung liegt die Wurzel zur Überwindung der E.

So zieht zwar auch Helene Sana einen sehr ernüchternden Schluss aus seinen Analysen des gegenwärtigen spätkapitalistischen Imperialismus in unserer so Hohn voll selbsternannten „ersten Welt“: „Nach dem triumphalen Siegesmarsch der Moderne zeigt sich nun ein suizidgefährdetes Ganzes.“. …..und an die vielen Menschen ohne eigenen Standpunkt, die, die sich eben alles gefallen lassen und solche Auswüchse, zwar vor sich hin schimpfend, erst ermöglichen: „Dem Guten und dem Bösen gegenüber gleichgültig zu sein bedeutet für mich die traurigste Form der Selbstentfremdung und des Verloren seins.“…. und beschließt aber sein Buch mit der wohl einzig möglichen Alternative, dem Weg, der letztendlich diesen Gesellschaftsform der E. ein Ende bereiten muß, um Menschsein, Humanismus innerhalb unserer Natur und damit auch den eigentlichen Frieden an sich zu erreichen: „ Auch wenn es nicht in unserer Macht steht, den Entfremdungsprozeß total zu überwinden, bleibt es sinnvoll, dafür zu kämpfen, ihn soweit wie möglich zu minimieren.“2

=>Freiheit, =>Realität, =>Konflikt, =>Humanismus

ANDREAS KRÖDEL

Literatur: 1 Erich Fromm „Die Seele des Menschen..“ dtv ; 2 Heleno Sana „Die Zivilisation frisst ihre Kinder“ Rasch und Röhring

„Freidenker – Menschen mit wissenschaftlicher Weltsicht, die in hoher

Streitkultur alle Themen diskutieren ohne Tabu oder parteipolitischen

Einschränkungen; Menschen, die für Humanismus aktiv handeln und aktiv dafür

wirken, Entfremdung des Menschen durch den Menschen und seine Entfremdung

von der Natur Schritt für Schritt zu überwinden.“

Definition von G.G.M.

„Nach dem triumphalen Siegesmarsch der Moderne zeigt sich nun ein suizidgefährdetes Ganzes.“

Heleno Sana „Die Zivilisation frisst ihre Kinder“

„Eine unmittelbare Konsequenz davon, daß der Mensch dem Produkt seiner Arbeit, seiner Lebenstätigkeit, seinem Gattungswesen entfremdet ist, ist die Entfremdung des Menschen von dem Menschen. Wenn der Mensch sich selbst gegenübersteht, so steht ihm der andre Mensch gegenüber. Was von dem Verhältnis des Menschen zu seiner Arbeit, zum Produkt seiner Arbeit und zu sich selbst, das gilt von dem Verhältnis des Menschen zum andren Menschen, wie zu der Arbeit und dem Gegenstand der Arbeit des andren Menschen.

Überhaupt, der Satz, daß der Mensch seinem Gattungswesen entfremdet ist, heißt, daß ein Mensch dem andern, wie jeder von ihnen dem menschlichen Wesen entfremdet ist.

Die Entfremdung des Menschen, überhaupt jedes Verhältnis, in dem der Mensch zu sich selbst [steht], ist erst verwirklicht, drückt sich aus in dem Verhältnis, in welchem der Mensch zu d[em] andren Menschen steht.“

[Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844, S. 100. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 669 (vgl. MEW Bd. 40, S. 517-518en

„Freies Denken ist Betätigung der eigenen Vernunft in humanistischer Denkweise wirklicher Individuen.“

Prof.Dr. H.-G. Eschke

„ Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats.“

[Marx: Kritik des Gothaer Programms. Marx/Engels: Ausgewählte Werke, S. 13196

(vgl. MEW Bd. 19, S. 28)

http://www.digitale-bibliothek.de/band11.htm ] “

Diese wenigen Belegstellen beweisen m.E. ihre Richtigkeit selbst, da bin ich mir mir Rainer, Axel und vielen anderen der Strategie nach einig, die Taktik muss täglich neu erarbeitet werden als Klassenkampf, sicher gibt es da unterschiedliche Auffassungen, Varianten des Herangehens. Sie müssen auf dem kleinsten Nenner zusammengefasst werden zunächst wider dem imperialistischen System der Gegenwart und dann für eine meschliche Existenz in Freiheit und Frieden- Aufklärung der Massen heist das “Zauberwort”, welches uns gemeinsam beflügeln muß!

„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“

[Marx: Thesen über Feuerbach. Marx/Engels: Ausgewählte Werke, S. 834

(vgl. MEW Bd. 3, S. 535)

http://www.digitale-bibliothek.de/band11.htm ] “

und noch eines:

„ Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muß gestürzt werden durch materielle Gewalt, allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift.“

[Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung. Marx/Engels: Ausgewählte Werke, S. 556

(vgl. MEW Bd. 1, S. 385)

http://www.digitale-bibliothek.de/band11.htm ]”

und noch eines:

„ Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“

[Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?. Philosophie von Platon bis Nietzsche, S. 24932

(vgl. Kant-W Bd. 11, S. 53)

http://www.digitale-bibliothek.de/band2.htm ] “

So, nun habt ihr die Wahrheit meiner Weltensicht wieder einmal auf dem Teller, lasst uns gemeinsam essen!

herzliche Grüße

Andreas Krödel

.

From: Mark Bär
Sent: Friday, May 13, 2011 9:53 AM
To: Freidenker-ML
Subject: Re: [Freidenker-ML] An Andreas

Hallo Andreas,

evtl. ist dieses Buch eine Bereicherung für Dich. Neu wirst Du es nicht mehr bekommen, aber beim ZVAB wirst Du bestimmt fündig werden: Klaus Ottomeyer, Ökonomische Zwänge und menschliche Beziehungen. Soziales Verhalten im Kapitalismus, Rohwolt 1977.

Aus dem Klapptext:

„Klaus Ottomeyer hat seine vielgelesene Studie zur Sozialpsychologie und Entfremdung im Kapitalismus für die Neuauflage aktualisiert. „Der Gang der kapitalistischen Wirtschaft ist im Hinblick auf die Aktienkurse schwer vorauszusagen, seine Einwirkung auf die menschliche Seele ist präzise zu berechnen“ (Max Horkheimer). Die heute in den Medien und von Politikern so viel beschworene Krise von Identität hat ihre Wurzeln im „systematischen Chaos“, in den widersprüchlichen Anforderungen, die aus der Arbeitswelt, der Marktwelt und der Welt des privaten Konsums resultieren. Das Gefühl der Zerrissenheit wird in der Epoche des Neoliberalismus und der Globalisierung noch gesteigert. In dieser Situation boomen trügerische Heils- und Heilungsversprechungen. Ottomeyer gibt einige Hinweise darauf, wie trotzdem Psychotherapie und allgemeiner noch: sinnvolle Lebenspraxis möglich ist.“

Ich habe es vor Jahren gelesen und fand es interessant und meine, dass es eine gelungende Interpretation der Marx’schen Enfremdungs-und Verdinglichungstheorie darstellt, sozusagen Alltagstauglich für die eigene Lebenswirklichkeit und Praxis im real existierenden Kapitalismus .

Gruss

Mark

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